Ein Poster als "meine Versöhnung mit Gießen"
Der Psychotherapeut Christoph Handrack hat in Eigenleistung ein Gießen-Plakat entworfen und in den Handel gebracht

Gießen (mö). Ist es eine künstlerisch gestaltete Sonnenuhr im Botanischen Garten oder ein Ausschnitt aus einem historischen Relief im Oberhessischen Museum? Nichts dergleichen. "Das ist ein Gullydeckel. Den habe ich hier in der Nähe aufgenommen", klärt Dr. Christoph Handrack auf. Keine Frage: Der 53~ährige hat einen Blick für Motive. Das Mathematikum bei Nacht, den Architekturklassiker aus der Zeit des Wiederaufbaus am Lindenplatz, die Sicht übers nasse Pflaster in den Eingang des Liebigmuseums, Licht- und Farbenspiele vor dem Bahnhof. 21 gleich groBe Gießener Motive hat Handrack zu einem neuen GieBen-Poster zusammengestellt, das in einer Auflage von 1500 und fünf Euro pro Stück schon im Handel ist. Manches ist bemerkenswert an dem derzeit einzigen Gießen-Plakat dieser Art. Denn Handrack ist keineswegs ein Profi mit dem Fotoapparat, sondern von Beruf Psychotherapeut mit eigener Praxis, der sein Poster-Projekt in eigener Regie - und so nebenbei - zur Marktreife brachte. "Wenn 500 verkauft werden, habe ich die Kosten wieder drin«, berichtete der Arzt im Gespräch mit der AZ.
Ein bisschen hat das Produkt des Psychiaters aber auch mit Psychologie zu tun "Das Plakat ist irgendwie auch meine Versöhnung mit Gießen", erzahlt Handrack Vor 35 Jahren sei er zum Studieren in die Stadt gekommen - und nicht mehr weggegangen. "Man bleibt irgendwie hängen", sagt Handrack, der sich wundert, dass viele, denen es genauso ging, noch heute über Gießen herziehen. "Nach 35 Jahren kann man über die Stadt, in der man lebt, nicht mehr meckern."Also ist der Zugereiste seit Jahren mit der Digitalkamera in Gießen auf der Suche nach Ecken, die versöhnlich stimmen. Und davon gebe es erstaunlich viele, wenngleich der Stadt ein Zentrum fehle. "Deshalb haben die Motive auf dem Plakat auch die gleiche Größe", erklärt der Fotograf.Seit fünf Jahren fotagrafiert er digital und hat seitdem rund 10000Bilder gesammelt - auch beim Einkauf. Handrack: "Mein Frau hasst es, wenn sie immer stehen bleiben muss, weil ich wieder ein Motiv entdeckt habe." Einige stellte er bereits zu Kalendern zusammen, die er dann an Freunde verschenkte. Bei so viel Material sollen weitere Foto-Projekte folgen. Mit einer Gießener Papeterie habe er vereinbart, eine Postkarten-Serie mit Gießen-Fotos aufzulegen. Aber erst einmal wartet Christoph Handrack gespannt ab, wie sein Poster bei den Gießenern ankommen wird. Erhältlich ist es bislang bei Karstadt, im Stadtbüro, in der VVG-Geschäftsstelle und bei Punkt & Strich am Kirchenplatz.

Gießener Allgemeine 27.5.05

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